Öl auf Leinwand, 83 x 71 cm
Die Sammlung des Aargauer Kunsthauses beherbergt eine kleine Werkgruppe von Ernst Maass (1904–1971). Der in Berlin geborene Künstler erschafft ein thematisch, stilistisch, materiell wie auch technisch sehr vielseitiges bildnerisches Œuvre. Mit seinen bedeutenden Werken aus den Jahren zwischen 1935 und 1950 sichert sich Maass einen Platz in der Kunstgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere innerhalb des schweizerischen und europäischen Surrealismus.
Nach einer Lehre als Flachmaler bei seinem Vater absolviert Maass einige Studienjahre an der Kunstgewerbeschule und der Akademie in Berlin. 1929 kommt Maass zum ersten Mal in die Schweiz und arbeitet zusammen mit Max von Moos (1903–1979) in einem Horwer Reklameatelier. Daneben erschafft Maass Landschaften und Stillleben in der Art der Neuen Sachlichkeit. Um 1930/31 beginnt seine eigentliche freikünstlerische Tätigkeit, aber um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern, bleibt Maass zeitlebens auf verschiedensten Gebieten der angewandten Kunst tätig – als Grafiker, Rahmenmacher, Restaurator und Kolorist. Begegnungen mit Paul Klee (1879–1940) und Wassily Kandinsky (1866–1944) wirken prägend auf seine künstlerische Entwicklung: Nach Ausstellungen am Bauhaus in Dessau und bei Karl Nierendorf in Berlin, der wendet sich Maass 1932 der Malerei zu. Nachdem er den Dienst bei der deutschen Wehrmacht verweigert, zieht er einige Jahre in das italienische Dorf Cannobio. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges lässt sich Maass in Luzern nieder, wo der Heimatlose dank Freunden vor Ort eine Aufenthaltsgenehmigung erhält.
Hinter dem grünen Baum im rechten Bildvordergrund des Sammlungsgemäldes eröffnet sich eine weite Ebene mit einem Gewässer und einem rauchenden Vulkan in der Ferne. Das Werk führt vor Augen, dass Maass die einzelnen Bildgattungen nicht streng voneinander trennt, denn es ist Landschaft, Stillleben und Gerüstkonstruktion zugleich. Das Bild kann als Blick auf eine Bühne aufgefasst werden, gleicht der Baum doch einer Kulisse. Spätere Werke erhalten noch eindeutigeren Bühnencharakter. Auf der Krone des Baumes ist ein Brett platziert, an dessen linken Ende ein undefinierbarer Gegenstand mit abstehenden, astähnlichen Armen steht. An ihnen hängen weiche – an Arps „biomorphe Konkretionen“ erinnernde – Formen an Schnüren herunter. Maass entdeckt seine Bildideen zufällig und setzt sie in bewusster, handwerklich äusserst präziser und ausdauernder Gestaltung um. Die von räumlicher Tiefenwirkung gezeichnete Landschaft mit dem für Maass typischen grau-blau-grünen Himmel strahlt eine trügerische Ruhe aus. „Hoffnung auf Morgenlich“t spiegelt beispielhaft zeitlose, symbolische Wahrheiten in poetischer Stimmung wider.
Karoliina Elmer