Aquarell und Gouache auf Papier, 29.7 x 21 cm
Nur wenige Künstler schaffen es, Trashiges so liebevoll und witzig zu inszenieren – und umgekehrt – wie Beni Bischof (*1976). Leichtfüssig bewegt sich der Ostschweizer durch die Bild- und Objektwelten der Trivialkultur, und wie stets im Leben liegen Lachen und Weinen dabei nah beieinander. Der Hang zur Übertreibung, zum Humorvoll-Grotesken, bei Bischof ist er Mittel und Methode, und zwar sowohl der inhaltlichen Zuspitzung wie der Erleichterung.
Bekannt ist Bischof aber nicht nur für seine Nonchalance im Umgang mit allem und jedem. Offenkundig ist auch sein unbändiger bildnerischer Ausstoss, der als kohärente Werkfolge, aber auch als Totalinstallation, als chaotisches Environment Form annehmen kann. Daneben hat sich Bischof mit Künstlerbüchern, allen voran seinem Laser Magazine, einen Namen gemacht. Dass den Zines Publikationen im XL-Format folgen würden, war in Anbetracht seiner Schaffenslust nur eine Frage der Zeit. “Psychobuch“, 2014 erschienen und längst vergriffen, ist ein solcher 600-seitiger Erguss, und auch “Rambo“, eine Serie von 400 Aquarellen, die der Künstler 2014 zum Action-Film “Rambo. First Blood Part II“ (1985) malte und zwei Jahre später in Buchform herausgab, belegt seinen reichen Output, für den das Manische und Krude der Titel auf augenzwinkernde Art symptomatisch ist.
“Bambi. A Life in the Woods“, Disneys Zeichentrickklassiker von 1942, der die Vorlage für einen weiteren grossen Aquarellzyklus abgab, scheint diese Vorliebe zunächst zu negieren, gilt der Film respektive seine Hauptfigur doch als Inbegriff von Niedlichkeit. Bischofs Version, die 2016 in vier TV-intensiven Wochen als 360-teilige Folge entstand und 2017 in 260-seitiger Auswahl als Pendant zu “Rambo“ von Nieves Books verlegt wurde, räumt mit dieser Sicht jedoch auf. Zwar enthält sie für Bischofs Verhältnis erstaunlich viele rührselige Szenen. Mindestens so wichtig sind aber die drastischen Momente wie der kalte Winter, der Hunger, die Feuersbrunst und natürlich der Tod der Mutter. Dies spiegelt sich auch in den Dialogen, denn ausgewählt und zu Papier gebracht hat der Künstler vor allem dramatische Passagen, und dies, mit oder ohne Bild, teils gleich mehrfach. Ferner stösst man auf Textelemente aus Vorlauf und Abspann sowie auf Aussagen von Dritten wie Kritikern und Bloggern. Bischofs Bambi-Zyklus ist folglich weder Nacherzählung noch Illustration. Er ist vielmehr ein freies Projekt, das teils nah am Film bleibt, teils von ihm wegführt. So wird einerseits die stilistische Besonderheit der nur angedeuteten, fliessend hingetuschten Hintergründe rezipiert, andererseits der Text direkt aus der englischen Fassung von Felix Saltens (1869 – 1945) Buchvorlage zitiert und die Sequenzfolge weder im Bildband noch an der Wand respektiert. Noch weiter geht Bischof mit Anleihen aus der Raver- und Technoszene, Hinweisen auf Rotziges wie den von Porno-Magnat Russ Meyer (1922 – 2004) und den Sex Pistols geplanten Filmschocker “Who Killed Bambi? “ sowie mit einigen seiner eigenen charmanten Kreaturen. Eine von letzteren ist auch auf den 15 für die Sammlung ausgesuchten Blättern zu entdecken, stellvertretend für alle übrigen Spitzbübereien.
Astrid Näff