Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Klaus Lutz, Quadretti I , 1980
Kaltnadel, 16 x 39.7 cm (geöffnet)
Aargauer Kunsthaus, Aarau / Schenkung aus Privatbesitz
Copyright: Verein für die Erhaltung des Werks von Klaus Lutz
Fotocredit: Ullmann Photography (Timo Ullmann)

In St. Gallen geboren, ist Klaus Lutz die erste Zeit seines Lebens als Primarlehrer tätig. Ab 1973 konzentriert er sich ganz auf die Kunst. Klaus Lutz (1940-2009) wird Zeichner, Radierer, Filmemacher, Fotograf und Performancedarsteller – wobei er sein Werk autodidaktisch entwickelt. Wichtig für das Finden seiner künstlerischen Sprache ist ihm die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Literatur, Sprachwissenschaft, Bildender Kunst, Musik und Film, sowie der freundschaftliche und künstlerische Austausch mit anderen Kunstschaffenden wie dem Schriftsteller Reto Hänny, dem Fotografen Hans Danuser oder dem Künstler Harald Nägeli. In den Zeichnungen und Druckgrafiken der 1980er Jahre bildet er eine visuelle Grammatik aus, die auf der Auseinandersetzung mit chinesischen und altägyptischen Bilderschriften fusst. Die Arbeiten auf Papier bleiben bis 1987 sein vorherrschendes Medium: Es entstehen vorwiegend Serien und Bildfolgen, die sich häufig in Leporelloform aneinanderreihen und aus deren Konsequenz um 1987 die ersten filmischen Arbeiten entstehen.

2024 gelangt eine grosszügige Schenkung an Grafiken von Klaus Lutz in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Diese ergänzt den fotografischen, filmischen und grafischen Bestand. Schenkgeber ist der Verein für die Erhaltung des Werks von Klaus Lutz, der sich nach dem Tod des Künstlers durch den Zusammenschluss von Freundinnen und Freunden des Künstlers gebildet hatte. Das grafische Konvolut besteht neben ausgewählten Einzelblättern aus Kartonschubern mit mehrteiligen, in verschiedenen Formaten gefassten, meist zu Leporellos gefalteten Druckgrafiken. Als Techniken kommen meist die Kaltnadel und der Kupferstich zum Einsatz. Viele der Drucksuiten entstehen zwischen 1978 und 1984, während eines durch die Stadt Zürich ermöglichten Atelieraufenhalts in Genua.

Mehrere der Leporellos verfügen über ein schmales, längliches Format. Die Streifen der verschiedenen Arbeiten werden dabei unterschiedlich segmentiert: Während etwa in «Icaro poema pittografico sequenza I» pro Streifen nur eine Platte verwendet wird, sind die Einzelblätter in «Transit 1» (1983) oder «Quadretti I»(1980) – wie es der Titel letzterer Arbeit betont – in mehrere Rechtecke oder Quadrate unterteilt. Diese Bilderreihen mögen an gezeichnete Drehbücher oder an analoge Filmstreifen erinnern. Stilistisch unterscheiden sich die Werke insofern voneinander, dass es manchmal die konstruierende, dunkle Linie ist, welche auf hellem Grund dominiert, während andernorts eine ornamentale, schraffierende, farblich variierende Flächengestaltung stattfindet. Dennoch kristallisiert sich in der Gesamtzusammenschau ein sehr eigenständiges Motivvokabular heraus. Dieses besteht mitunter aus den für Lutz markanten Strichmännchen sowie Tieren und Gesichtern, die auf ihre markanten Merkmale und Umrisse reduziert werden. Diese figurativen Schemen verorten und schälen sich aus Landschaften und Räumen heraus, die sich durch skizzenhafte Topografien, Architekturen und Möblierungen auszeichnen. Bei näherem Hinsehen mag sich ein Hügel zuweilen zur Profilansicht eines Gesichts verkehren oder ein Gitterornament im Vergleich mit dem Nachbarsbild, auf dem ein Haus zu erkennen ist, als die herangezoomte Struktur eines Ziegeldachs entschlüsseln lassen.

Lutz schafft mit seinen Miniaturbildern kleine Bildergeschichten: Diese bewegen sich zwischen figürlicher Gegenständlichkeit und konstruktivistischer Abstraktion – wobei durch letztere stilistische Anlehnungen an die russische Avantgarde oder den Bauhausstil erkennbar werden. Durch ihre Zeichenhaftigkeit bleiben die Erzählungen rätselhaft, uneindeutig und assoziativ. Diese Rätselhaftigkeit bleibt teilweise sogar in Arbeiten bestehen, die sich dezidiert als Illustrationen erzählter Sprache ausweisen. So beinhaltet die Schenkung gleich mehrere «Bilderbücher» wie ««Katzentheater» (nach Robert Walser) Ein Schlafzimmer» (1976) oder ««nebenbei schrieb ich im Industriequartier Gedichte» (Robert Walser), Nr. 6» » (1987), mit denen Lutz auf die Romane und Gedichte des von ihm verehrten Schweizer Autor Robert Walser (1878–1956) referenziert.

Julia Schallberger, 2025

X