Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
X
Joseph Marioni, Yellow painting, 2002
Acryl auf Leinwand, 260 x 274 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung Joseph Marioni in Erinnerung an Bernhard Stahel
Fotocredit: Brigitt Lattmann

Die sogenannte „Radical Painting Group“, die sich in den späten 1970er-Jahren ausgehend von New York formiert hat, ist im Aargauer Kunsthaus durch mehrere Werke vertreten, u.a. mit einer Arbeit von Joseph Marioni (*1943), der heute als einer der bekanntesten Protagonisten der Gruppe gilt. Im Jahr 2003 vermacht der US-amerikanische Künstler dem Kunsthaus eines seiner grossformatigen Bilder der Serie „Yellow Paintings“ (2002), eine Schenkung in Erinnerung an den Basler Sammler Bernhard Stahel. Ferner umfassen die zur Sammlung gehörigen Arbeiten der „Radical Painting Group“ Werke von Marcia Hafif (*1929), Rudolf de Crignis (1948–2006) oder Günther Umberg (*1942). Auch Olivier Mossets (*1944) monochrome Bilder können im Kontext dieses Verbunds europäischer und amerikanischer Künstlerinnen und Künstler gelesen werden. Ihnen gemeinsam ist die tief gehende und umfassende Auseinandersetzung mit sämtlichen Elementen der Malerei. Geht es Hafif oder de Crignis dabei aber auch um den physischen Akt des Malens sowie um Phänomene der Monochromie, sind diese bei Marioni zweitrangig. Unangefochten im Zentrum seines Interesses steht die Beschäftigung mit Farbe. Einerseits untersucht er ihre Materialität, andererseits ihre Wahrnehmbarkeit und ihre Wirkung im Verhältnis zu Raum und Licht. Ziehen wir die im Englischen übliche Unterscheidung zwischen „paint“ und „colour“ heran, so gehört Marioni ins Lager jener Maler, die sich primär mit dem Bedeutungsfeld des letzteren Begriffs beschäftigen, also mit den immateriellen und sensorischen Aspekten der Farbe.

„I am painting liquid light“ – der Satz ist ein vielzitiertes Statement von Joseph Marioni. Die Betrachtung des Gemäldes in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses verdeutlicht, was er damit meint. Vom frischen Gelb des annähernd quadratischen Grossformats geht eine Strahlkraft aus, die einer Lichtquelle gleich auf den Raum ausgreift und diesen atmosphärisch verändert. Der Bildträger selbst – Leinwand und Keilrahmen – nimmt sich so weit zurück, dass wir in erster Linie einen frei schwebenden, monochromen Farbkörper wahrnehmen. Aber auch dies nur auf den ersten Blick: Beim genauen Hinsehen erkennen wir, wie das charakteristische Gelb aus mehreren Farbschichten und -tönen zusammengesetzt ist. Lage um Lage hat der Künstler flüssige Acrylfarbe unterschiedlicher Tonalität über die Leinwand fliessen lassen, einem Skript folgend, das er eigens für dieses Gemälde komponiert hat. Im Atelier experimentiert Marioni mit Farbproben auf Glas. Diese kombiniert er so lange miteinander, bis sie im Zusammenspiel mit dem Licht die gewünschte Farbigkeit erzielen, und nutzt dann die Abfolge der Gläser als Formel für den lasierenden Farbauftrag auf der Leinwand. Ebenfalls ein wichtiger Schritt in der Genese von Marionis „Farbporträts“ ist die Entscheidung über Format und Bildträger. Helle, offene Farben wie das Gelb bedingen laut Marioni grosszügige Formate; dunkle, gedeckte Farben kleinere, intimere Formate. Zudem sind die Proportionen der Leinwand auf den Farbcharakter abgestimmt: Die Leinwand dieses Sammlungswerks verjüngt sich nach unten und ist so gehängt, dass sie sich leicht in den Raum neigt. Alle genannten Strategien dienen dazu, ein Farbempfinden in Szene zu setzen, das nicht zuletzt die Präsenz des Betrachtenden bedingt. Marionis Bilder wollen erlebt werden, in Fotografien beispielsweise lassen sie sich nur unbefriedigend reproduzieren.

Yasmin Afschar

X