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Heiner Kielholz, Bar Nettuno, 1975
Aquarell auf Papier, 21.5 x 28.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau
Copyright: Heiner Kielholz
Fotocredit: Jörg Müller

Werke von Heiner Kielholz (*1942), Hugo Suter (1943–2013), Max Matter (*1941), Markus Müller (*1943), Christian Rothacher (1944–2007) und Josef Herzog (1939–1998) aus der legendären Ateliergemeinschaft am Ziegelrain in Aarau sind in der Sammlung des Aargauer Kunsthauses gut vertreten, weil diese Künstler über das Lokalkolorit hinaus für die jüngere Schweizer Kunst von Bedeutung sind. In der Zeit von 1970 bis 1980 emanzipiert sich die Schweizer Kunst und beginnt sich eine Entwicklung, in der sich die Schweizer Kunst emanzipiert und sich im Bewusstsein internationaler Strömungen intensiver mit der eigenen Kultur, dem eigenen Umfeld und der eigenen Identität auseinanderzusetzen. In der Schweiz wandeln sich künstlerisch bisher eher unwichtige Regionen wie Aarau, Bern oder Luzern zu dynamischen Zentren. Eine bedeutende Rolle spielen auch kleinere Institutionen wie die Kunsthalle Bern, das Kunstmuseum Luzern und in Aarau das Kunsthaus unter der Leitung von Heiny Widmer (1927–1984), die internationale Kunst präsentieren, aber gleichzeitig auch junge Schweizer Kunstschaffende fördern.

Bevorzugtes Medium dieser Entwicklung ist die Zeichnung, in der sich eine „Mentalität“ manifestiert: Sie eignet sich, persönliche und innere Bilder adäquat wiederzugeben. Eine solche künstlerische Haltung äussert sich in keinem festen Stil, sondern erlaubt ein Nebeneinander von individuellen Ausdrucksweisen.

„Bar Nettuno“ kann im Zusammenhang mit der Weihnachtsausstellung 1975/76 für die Sammlung des Aargauer Kunsthauses angekauft werden. Das Aquarell gibt einen Strandausschnitt wieder. Hinter einem Geländer am unteren linken Bildrand erhebt sich ein hellblauer Pultdachbau. Über die sandige Uferzone wird der Blick zu einem Gebäude auf Sockeln geführt – an der schwarzen Dachkante ist in weissen Grossbuchstaben der titelgebende Name „Bar Nettuno“ angebracht. Die rechte Bildhälfte wird eingenommen von einem Gewässer mit ruhiger Oberfläche, über das sich ein grauer, bewölkter Himmel erstreckt.

Kielholz hält die Unmittelbarkeit des Strandes detailliert, in klarer Malweise fest und verzichtet auf eine romantische Dramatisierung, auf ablenkende Objekte oder Menschen. Eine gewisse Melancholie, charakteristisch für seine Bilder, schwingt mit. Die Szenerie lässt sich in Italien verorten und verweist auf die unzähligen Reisen nach Süd- und Südosteuropa, die Kielholz seit den 1960er-Jahren, und verstärkt in den 1970er-Jahren unternimmt. In Abkehr von seiner Punktemalerei während der Ziegelrain-Ära, entschliesst sich Kielholz in dieser Phase, der Welt malend näherzukommen. Ausgerüstet mit den nötigsten Utensilien, die er für die Malerei braucht, erschafft Kielholz Bilder unmittelbar vor Ort, verarbeitet aber auch oftmals Erinnerungen später in Hotels oder zu Hause nach der Rückkehr. Die Formate werden kleiner, die Bildinhalte widmen sich Erlebnissen und flüchtigen Momenten aus dem persönlichen Umfeld: Landschaft, figürliche Szenen, Stillleben. Über formale Überlegungen hinaus fragt er nach dem eigenen Ort in der Welt, nach den Bedingungen des menschlichen Daseins. Kielholz ist nicht der einzige Kunstschaffende dieser Generation, der sich diese Frage stellt und dementsprechend vielfältig – installativ, performativ, malerisch, zeichnerisch – fallen die Antworten aus.

Karoliina Elmer

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