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Marcia Hafif, Black Painting VIII: Ultramarine Blue, Burnt Umber, 1980
Oil on canvas, 198.4 x 213.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Schenkung der Künstlerin und der Galerie Mark Müller, Zürich
Copyright: Marcia Hafif

Als Marcia Hafif (*1929) sich Anfang der 1970er-Jahre in New York niederlässt, wird die Malerei gerade wieder einmal für tot erklärt. Von Minimal und Conceptual Art übertrumpft, befinden sich Hard Edge, Farbfeldmalerei und andere aus dem Abstrakten Expressionismus entstandene Tendenzen in der Krise. Es gilt, neue Wege zu finden, und es ist nicht zuletzt Hafif, die einige relevante Lösungsansätze formuliert, als sie sich auch in ihrer eigenen künstlerischen Arbeit neu orientiert. In ihrem programmatischen Aufsatz „Beginning Again“, den sie 1978 im Magazin „Artforum“ veröffentlicht, schreibt sie: „It was necessary to turn inward, to the means of art, the materials and techniques with which art is made. Artists still interested in painting began an analysis – or deconstruction – of painting, turning to the basic question of what painting is, not so much for the purpose of defining it as to actually be able to vivify it by beginning all over again. That question led to examination of the discipline of painting, the taking apart of it as an activity.“ Der Maler Olivier Mosset (*1944) nimmt Kontakt auf mit Hafif, nachdem er in ihrem Artikel eigene Fragestellungen wiedergefunden hat. Ihren Treffen schliessen sich bald weitere Künstlerinnen und Künstler an, und es entsteht die „Radical Painting Group“, die 1984 im Williams College Museum eine gemeinsame Ausstellung hat. Über den Schweizer Mosset und auch seinen Landsmann Rudolf de Crignis (1948–2006) waren die Bande in die Schweiz gespannt. Im Aargauer Kunsthaus werden Hafifs Werke in Ausstellungen wie „Karo Dame“ (2012) oder „Das Gedächtnis der Malerei“ (2000) gezeigt; in der Sammlung befinden sich drei Werke aus Schenkungen: neben zwei Kleinformaten die grosse Arbeit „Black Painting VIII: Ultramarine Blue & Burnt Umber“.

Malerei produziert Bildobjekte. Das ist bei Marcia Hafifs Arbeiten nicht anders; mit dem Unterschied jedoch, dass der Akt des Malens ebenso im Fokus ihres künstlerischen Interesses steht wie dessen Resultat, das Gemälde. Ihr Vorgehen dabei ist akribisch: Unter dem Titel „Inventory“ trägt sie einen Katalog der malerischen Methoden und Möglichkeiten zusammen. Im Jahr 1972 lanciert sie ihr Langzeitprojekt mit einer Serie von Papierarbeiten, für die sie über ein Blatt Papier hinweg von oben links bis unten rechts nichts anderes machte, als einen vertikalen Bleistiftstrich an den nächsten zu reihen. Seither ist das Inventar auf 25 Kapitel angewachsen; an einer Serie arbeitet Hafif bis zu zwei Jahren. Der Themenkatalog richtet sich nach den fundamentalen Gesetzmässigkeiten und Bedingungen der Malerei: Bildträger, Bildgrösse, Farbmittel, Farbauftrag und Farbton werden hinsichtlich ihrer visuellen Wirkung untersucht, jeder Aspekt einzeln und über viele Bilder hinweg. Das klingt nach Knochenarbeit – und nichtsdestotrotz ist die Bildwirkung eine direkte, atmosphärische.

Die Arbeit „Ultramarine Blue & Burnt Umber“ (1980) ist in Hafifs Inventar unter dem Kapitel „Black Painting“ kategorisiert. Die zwischen 1979 und 1980 entstandene Serie wird 1981 in der Galerie Sonnabend in New York erstmals gezeigt und besticht sowohl durch das aussergewöhnlich grosse Format der Bilder als auch durch die ungewöhnliche Farbwahl. Wie bereits in den Papierarbeiten reiht die Künstlerin auch hier Pinselstrich an Pinselstrich, aber loser und flächiger als in den kleinen Formaten. Ultramarin und Umbrapigmente werden auf der Bildfläche so miteinander kombiniert, dass sie an die Struktur einer Feder erinnert. Die Assoziation mit einem nächtlichen Himmel ist eine weitere, wobei der Farbeindruck mit reinem Schwarz wenig zu tun hat. Als Motivation hinter der Serie steht denn auch ein Nachsinnen auf einen Ratschlag eines Professors – nämlich, dass das schönste Schwarz nicht mit schwarzen Pigmenten erzielt werde, sondern durch Ultramarin und gebrannte Umbra.

Yasmin Afschar

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