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Christian Rothacher, Ohne Titel, 1968
Hinterglasmalerei verspiegelt; mit integriertem Metallrahmen, 107 x 71 x 8 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat von Jo und Ella Fink-Schaub
Copyright: Nachlass Christian Rothacher, vertreten durch Marlene Frei, Zürich

Die Sammlung des Aargauer Kunsthauses beherbergt zahlreiche Werke des in Aarau geborenen Künstlers Christian Rothacher (1944–2007), die die unterschiedlichen Ausprägungen seines vielfältigen Schaffens anhand von Zeichnungen, Objekten, Grafiken und Gemälden dokumentieren. 2011 würdigte die Institution Rothachers Œuvre mit einer umfassenden Retrospektive, die den Bogen von frühen Pop-Art-Arbeiten zu den Intarsien des Spätwerks spannte.
Rothacher wendet sich nach seiner Lehre in der Schuhfabrik Bally sowie ersten Erfolgen als Schuhdesigner von der Modebranche ab und entscheidet sich für die künstlerische Laufbahn: 1964 wechselt er an die Kunstgewerbeschule Zürich und absolviert von 1965 bis 1967 die neu gegründete Klasse „Farbe und Form“. Den fortschrittlichen Unterricht bei Hansjörg Mattmüller (1923–2006) und Serge Stauffer (1929–1989) bezeichnet Rothacher im Nachhinein als besonders anregende und intensive Zeit. Er findet Zugang zu den aktuellen Fragen der Kunst und zur damaligen Auseinandersetzung mit der Pop-Art, die in der der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre zu den breit rezipierten internationalen Kunstströmungen zählt.

Rothacher bezieht zusammen mit Hugo Suter (1943–2013), Max Matter (*1941), Markus Müller (*1943), Josef Herzog (1939–1998) und anderen aus ökonomischen Überlegungen die ehemalige Fabrikliegenschaft am Ziegelrain in Aarau. Das Areal bietet den unterschiedlichen Künstlern Raum für Experimente, und der gegenseitige Austausch wirkt stimulierend auf die Kunstproduktion. Die Ateliergemeinschaft ist zwar keine Künstlergruppe im konventionellen Sinn, sie trägt aber entscheidend zur Wahrnehmung der einzelnen Kunstschaffenden bei. Zum ersten Mal entwickeln sich Orte der Peripherie – neben Aarau auch Bern und Luzern – zu führenden Schweizer Kunstzentren.

Rothacher fertigt in den 1960er-Jahren erste Radierungen, deren Motive aus der Produktwelt stammen. 1968/69 lotet der Künstler neue Bildgestaltungen aus und schafft in einer kurz andauernden Phase eine Reihe mittelformatiger Spiegelkästen sowie Hinterglasmalerei, die die Grenzen des klassischen Tafelbildes erweitern. Die hohe Qualität, die sich in der technisch aufwändigen und präzisen Ausführung manifestiert, fusst in Rothachers handwerklicher Ausbildung und bleibt zeitlebens Charakteristikum seines Arbeitens.

Im hochformatigen Werk „Ohne Titel“ trägt die Anordnung perspektivisch verkürzter, länglicher Quader in der Bildmitte entscheidend zur Tiefenwirkung bei. Die Staffelung unterschiedlicher Ebenen spielt mit unserer Wahrnehmung und erhöht die Dynamik des Werks. Die Arbeit bildet Teil einer Gruppe, in denen Rothacher seine fundierten Kenntnisse der konkreten und konstruktiven Kunst mit Signalkunst und gegenständlichen Motiven vereint.
Mit dieser Reihe von Arbeiten gelingt Rothacher ein grossartiger Start seiner künstlerischen Karriere, und er wird um 1970 zu einem Protagonisten der jungen Schweizer Avantgarde. Der schnelle Erfolg irritiert den Künstler aber so sehr, dass er sich bald radikal von der Bildform der verspiegelten Hinterglasmalerei löst und sich angeregt durch Impulse der Arte povera Materialien wie Fell, Holz oder Blei widmet.

Karoliina Elmer

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