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Hermann Scherer, Vorfrühlingslandschaft II, 1926
Oil on canvas, 115.5 x 100 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Depositum Sammlung Werner Coninx
Copyright: lizenzfrei

Der gebürtige Deutsche Hermann Scherer (1893–1927) gilt als einer der wichtigsten Protagonisten des Schweizer Expressionismus. Bekannt ist er vor allem für seine Holzskulpturen. Als gelernter Steinmetz setzt sich Scherer früh mit der Bildhauerei auseinander. Er arbeitet zunächst mehrheitlich in Ton und Lehm, gestaltet unter anderem zusammen mit Carl Burckhardt (1878–1923) die Brunnenskulpturen am Badischen Bahnhof in Basel. Die persönliche Beziehung zu Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) – die beiden Künstler lernen sich an einer Gruppenausstellung in der Kunsthalle Basel, kennen – führt Scherer dazu, seine skulpturale Technik um das Material Holz zu erweitern. Er arbeitet dabei, wie Kirchner, in „taille direct“, was bedeutet, dass er die Figuren direkt aus einem Holzstamm schnitzt.

Bevor sich Scherer jedoch mit Kirchners Holzskulpturen auseinandersetzt, ist er vor allem an dessen Malerei interessiert. Seit Scherer die grosse Retrospektive von Edvard Munch (1863–1944), die 1922 in Zürich und Basel gezeigt wurde, gesehen hat, steht für ihn der Entschluss fest, Maler zu werden. Von Kirchner lernt er, dass die Grundlage jeder Malerei die Zeichnung ist, und übt sich fortan unermüdlich darin. In der Silvesternacht 1924/25 gründet Scherer zusammen mit Paul Camenisch (1893–1970) und Albert Müller (1897–1926) die expressionistische Künstlervereinigung „Rot-Blau“. Bei der Planung zur ersten Ausstellung der Gruppe überwirft sich Scherer mit seinem langjährigen Freund Müller, der aus diesem Grund „Rot-Blau“ verlässt, und auch Scherers Verhältnis zu Kirchner kühlt merklich ab.

Im Jahr 1926, in dem das Gemälde „Vorfrühlingslandschaft II“ entsteht, verbringt Scherer mehrere Monate bei Paul Camenisch in Castel San Pietro im Tessin. Er malt Werke, für welche die Vorfrühlingslandschaft II exemplarisch ist: Starke Kontraste, leuchtende Farben und dynamische Formen verbünden sich zu energiegeladenen Landschaften. Die „Vorfrühlingslandschaft II“ wird von intensiven Rot-, Orange- und Gelbtönen bestimmt. Blaues und rosa Geäst, ein gelber Himmel, rotviolette Bergkuppen – der Farbpalette Scherers scheinen keine Grenzen gesetzt. Die sonst eher tragische Grundstimmung, die sich durch Scheres Œuvre zieht, ist in seinen Landschaftsbildern nicht auszumachen. Tragisch und vor allem sehr früh, sollte Scherers Schaffen jedoch zu Ende gehen; so stirbt er gerade einmal 34-jährig an einer Infektionskrankheit.

Bettina Mühlebach

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