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Jean Désiré Gustave Courbet, Der Abschied des Freiwilligen, Um 1845
Öl auf Leinwand, 46 x 38 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat Dr. Max Fretz
Copyright: gemeinfrei
Fotocredit: Jörg Müller

Gustave Courbet (1819–1877) ist einer der wichtigsten Maler des 19. Jahrhunderts, gibt er doch mit der von ihm als „réalisme“ bezeichneten Kunstrichtung der modernen und zeitgenössischen Malerei entscheidende Impulse. Bis heute gilt er als Künstlervorbild schlechthin, da ihm das Verdienst zukommt, das Hinterfragen von Traditionen und damit einhergehende Regelbrüche zum künstlerischen Prinzip zu erheben. Durch die revolutionäre Behandlung der Farbe, die Courbet häufig mit dem Palettmesser aufträgt, wird sie zum ersten Mal in der Kunstgeschichte zum Gegenstand der Kunst. Mit seiner Technik wirkt Courbet prägend auf die Impressionisten und vor allem auf Paul Cézanne (1839–1906).

Der im französischen Ornans geborene Courbet erhält an der Ecole de Dessin in Besançon ersten künstlerischen Unterricht bei Charles Flajoulout (1774–1840), einem Schüler Jacques-Louis Davids (1748–1825) und Antoine-Jean Gros‘ (1771–1835). Für das Jurastudium zieht Courbet 1840 nach Paris, entscheidet sich aber, Maler zu werden. Er arbeitet autodidaktisch und kopiert im Louvre Werke von Diego Velázquez (1599–1660), Frans Hals (1580–1666) und Rembrandt (1606–1669). 1844 verzeichnet Courbet seinen ersten Erfolg, als sein „Selbstporträt mit schwarzem Hund“ (1842, Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris, Paris) für die offizielle Ausstellung im sogenannten Salon zugelassen wird.

In erster Linie ist Courbet Landschaftsmaler; zwei Drittel seines Œuvres gehören dieser Gattung an. Sein Name ist unzertrennlich mit der heimatlichen Gegend um Ornans bei Besançon in der Franche-Comté verbunden. Courbets Liebe zu dieser Region manifestiert sich in zahlreichen Darstellungen, in der er die Umgebung zu preisen weiss. Von immenser Bedeutung für Courbets künstlerische Entwicklung sind jedoch seine Selbstporträts, die vornehmlich zwischen 1844 und 1855 entstehen. In seinen selbst gestellten Aufgaben schlüpft er in unterschiedliche Rollen und Posen, zum Beispiel „Der Gitarrenspieler“ (1845, Privatsammlung), „Der Bildhauer“ (1845, Privatsammlung) oder „Der Verzweifelte (Bildnis des Künstlers)“ (1844/45, Privatsammlung). Der Dialog mit der eigenen Erscheinung führt ihn zu seinen Ausdrucksmöglichkeiten.

„Der Abschied des Freiwilligen“ gelangt 1958 als Legat in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Das Sujet des Freiwilligen, der in den Krieg zieht, ist ein Thema, dem sich Courbet wiederholte Male zuwendet. 1872 unterbreitet der Künstler dem Präsidenten der Wiener Weltausstellung die Idee eines Gemäldezyklus gegen die Barbarei des Krieges. In seinem Vorschlag beschreibt Courbet, was er im vorliegenden Werk in skizzenhafter Manier festhält: Den Gefühlen von Schmerz und Trauer, die sich in der niedergeschlagenen Körperhaltung des in den Kampf aufmachenden Jünglings widerspiegeln, lässt dieser erst in der einsamen Natur freien Lauf.

Das Ölgemälde steht in engem Zusammenhang mit den erwähnten Selbstporträts und reiht sich in die Werkgruppe seiner späteren Bildnisse. Der mit Kleidern behängte und über die linke Schulter des jungen Mannes gelegte Wanderstock greift Courbet beispielsweise in „Die Rückkehr aufs Land“ (um 1854, Privatsammlung) wieder auf. Auch im wohl berühmtesten Bild Courbets, „Die Begegnung (Bonjour Monsieur Courbet)“ (1854, Musée Fabre, Montpellier), taucht der Holzstecken in der Hand des Künstlers auf, der als Wanderer seinem Mäzen Alfred Bruyas (1821–1877) begegnet.

Karoliina Elmer

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