Hyalografie auf Papier, 94 x 78 cm
Das gesamte Œuvre des Aargauer Künstlers Hugo Suter (1943–2013) zeichnet sich durch eine grosse Experimentierfreude aus. Diese Vielfältigkeit prägt auch seinen Umgang mit Drucktechniken. Virtuos, reflektiert und mit der nötigen Erfahrung greift der gelernte Tiefdruckretuscheur auf technisch anspruchsvolle Verfahren zurück. Für die Werkserie „Martin Schaffners Floss“ nutzt er die Technik der Hyalografie. Bei diesem Druckverfahren, das auch unter dem Begriff Glasradierung oder „Cliché verre“ bekannt ist, ritzt der Künstler die Zeichnung mit einer Radiernadel in eine Glasplatte, welche zuvor mit einer lichtundurchlässigen Schicht behandelt wurde, und legt sie dann auf fotoempfindliches Papier. Das Licht dringt lediglich durch jene Stellen, die entlang der Zeichenlinien freigelegt wurden, und überträgt diese als Schwarzzeichnung auf das Papier. Die Glasplatte kann aber auch mit einer lichtempfindlichen Schicht behandelt werden, dann funktioniert sie wie ein fotografisches Negativ. Technisch stellt die Hyalografie eine Verbindung aus Fotografie und Radierung dar. Die Verwendung von Glas als Druckvorlage muss Suter besonders interessiert haben, ist Glas doch eines der am meisten verwendeten und wichtigsten Materialien in seinem Gesamtwerk.
In der sechsteiligen Serie „Martin Schaffners Floss“ wiederholt sich ein kreisförmiges Motiv in unterschiedlichen Farb- und Formvariationen. Scheinbar entlang einer einzigen Linie führen florale, organische Formen ineinander, fügen sich zu erkennbaren Figuren zusammen – einem Schwan, Blumen, einem Fischkopf oder einer Giesskanne –, um sich aber sogleich wieder im Ornamentalen der Gesamtkomposition aufzulösen. Von Blatt zu Blatt verändert sich die Farbigkeit der Linien, Farbverläufe rücken immer wieder andere Bildteile in den Fokus. All dies resultiert in einem anregenden Wahrnehmungsspiel. Unmöglich scheint es, die fliessenden Bildformen eindeutig zu entschlüsseln, und auch die Farb- und Hintergrundmodulationen tragen zum optischen Trick bei. Suters Werk schlägt Brücken zwischen künstlerischem Gestalten und wissenschaftlicher Forschung; es erlaubt uns, unser Wissen über das Sehen zu vertiefen.
Online gestellt: 2018