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Pia Fries, schwarze blumen, erucarum ortus, 2005
Ölfarbe und Siebdruck auf Holz, 240 x 170 cm
Aargauer Kunsthaus, Aarau

Pia Fries (*1955) ist heute eine mit Preisen ausgezeichnete, international tätige Künstlerin. Zwischen 1977 und 1980 besuchte sie die Bildhauerklasse von Anton Egloff (*1933) an der Kunstgewerbeschule in Luzern. Sein Ansatz des Piktoralen und die Idee der Autonomie eines Kunstwerks beeinflusste auch ihr Werk. Danach studierte sie bei Gerhard Richter (*1932) als Meisterschülerin. Diese Prägung zeigte sich bereits in frühen Malereien über Uneindeutigkeiten und in einer Tendenz zu Hybridbildern. Pia Fries’ Malereien und Installationen von Kompositionen aus diversen Medien lassen sich zweifelsohne in die Tradition der 50er bis zu den 70er Jahren einreihen, als man versuchte mit gestischen Zeichen, horizontalen Produktionsverfahren, der Appropriation von massenproduzierten Bildern den Prozess zu modernisieren.

In dieser Auseinandersetzung legt die Künstlerin aber auch eine ganz eigenständige Spur, bei ihr stehen der Prozess und die Transmutation im Vordergrund.

In den 90er Jahren hellt sich ihre Farbpalette auf und das bunt-feurige Material wird teils plastisch auf mit Gesso grundierten Holztafeln aufgetragen wie in den 1997 aus der Einzelausstellung im Aargauer Kunsthaus für die Sammlung erworbenen Arbeiten «dadens» und «lumnes». Das Auge mäandriert um mehrschichtige Farbinseln, die sich dissonant vom Grund abheben. Keine vorgegebene Narration ist vorhanden. Es geht mehr um ein Abtasten von Texturen, Kräften und Dynamiken; um mögliches Finden einer Handlung, das sogleich wieder in ambivalente Verhältnisse kippt. Dieses Schwebende zeigt sich auch an den Titeln, die an lateinische Ausdrücke erinnern und doch Neologismen sind. Der Kern der Malerei von Pia Fries offenbart Schaffens- und Wahrnehmungsprozesse, was auch das Material Farbe als Medium auf natürliche Art und Weise am besten umfasst.

Bereits in der Arbeit «Ohne Titel» von 2004 und in der Sammlung vom Aargauer Kunsthaus, kombiniert Pia Fries fremde Siebdrucke mit Aquarell und Lithographie. Damit schafft sie eine abstrakte Interpretation der sogenannt «Deutschen Blumen», die damals nach botanischen Vorlagewerken auf Keramik gemalt wurden. Auch in der aus vier Tafeln bestehenden Arbeit «schwarze blumen, erucarum ortus», 2023 vom Aargauer Kunsthaus erworben, kombiniert die Künstlerin Siebdrucke von Bildern aus dem Werk der botanischen Künstlerin Maria Sibylla Merian (1647-1717) mit ihren eigenen Malereien. Die Drucke stammen aus Merians Werk mit dem Titel «Flowers, Butterflies and Insects». Die vier Tafeln sind jeweils mit einem ungrundierten Band versehen, auf dem fragmentierte Blüten gedruckt sind. Tatsächlich sei Merians Bild bereits ein wissenschaftliches Bildzitat eines Standbildes, wogegen Pia Fries in den malerischen Elementen die Metamorphose thematisiert. Zum einen gehen die deskriptiven, dunklen Blumenelemente in farbig gemalten Blüten effektvoll weiter auf, zum anderen spiegelt die dynamische Farbpalette von Fries’ Rhizomen den Wandel der Natur und der Jahreszeiten. Durch diese Mutation wird die illustrative Funktion der grafischen Darstellung hinterfragt und in die Farbenpracht der Malerei überführt. Die Dissonanz wird selbstverständlich dargestellt und auf Zustände des Dazwischens und der Multiperspektive referiert. Gleichwohl soll diese Blickrichtung auch als Einladung für die betrachtende Person sein, denn die Künstlerin sagt: «Die Wechselwirkung zwischen mir und der Welt, beziehungsweise zwischen mir und dem Bild sind beständig in Bewegung und so auch der fragende, bemessende Blick in den Bildraum und in die Bildzeit».

Ursula Meier, 2024

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