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Bernhard Fries, Waldlichtung, nach 1852
Oil on canvas, 70 x 93.5 cm
Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat Max Isler, Wildegg

Der aus Heidelberg stammende Landschaftsmaler Bernhard Fries (1820–1879) ist Spross einer wohlhabenden Bankiers- und Fabrikantenfamilie und jüngerer Bruder des bedeutenden Landschaftsmalers Ernst Fries (1801–1833). Fries wächst in anregender und kunstliebender Umgebung auf. Erste Einblicke in die Welt der Kunst ermöglicht die Gemäldesammlung seines Vaters Christian Adam Fries. Sie enthält neben niederländischen Werken aus dem 17. Jahrhundert Bilder von Claude Lorrain (1600–1682), Nicolas Poussin (1594–1665) und Joseph Anton Koch (1768–1839) sowie von britischen Künstlern wie George Augustus Wallis (1768–1847) und William Turner (1775–1851).

Ausgebildet wird Fries an der Münchner Akademie bei Henri Lehmann (1814–1882). Er zählt zu der Generation deutscher Künstler, die die Münchner Kunst zu ihrer Machtstellung im 19. Jahrhundert führen. Die dortige Schule hatte zu der Zeit jedoch den Zenit bereits überschritten und ihre inhaltliche Ausrichtung – der Vorrang des Zeichnens vor dem Malen sowie der Historien- vor der Landschaftsmalerei – konnte Fries‘ Bedürfnisse kaum befriedigen. Aus Unzufriedenheit mit dem akademischen Lehrplan nimmt sich Fries des autodidaktischen Studiums vor der Natur an. 1837 reist er nach Rom, wo er sich im Kunstkreis von Oswald Achenbach (1827–1905) bewegt und sich endgültig der Landschaftsdarstellung zuwendet. 1840 bis 1843 studiert er an der Akademie in Düsseldorf und zieht danach wieder nach Rom. Ab 1846 arbeitet er als Schüler Alexandre Calames (1810–1864) in Genf und ist anschliessend in Berlin, Paris und München tätig.
In „Waldlichtung“ wird der Blick der Betrachtenden von einem am rechten Bildrand platzierten Baum, dessen Krone vom oberen Bildrand angeschnitten wird, über ein abfallendes Wald- und Wiesengelände in die Tiefe geführt. Die nach 1852 datierte Waldlandschaft entsteht nach Fries‘ Rückkehr in die Heimat und zählt zum künstlerischen Höhepunkt seines Œuvres. Der Vordergrund zeichnet sich aus durch eine präzise Schilderung, die an die charakteristische Ausführung Calames erinnert, sowie durch wohlbedachte Licht- und Schattenverteilung, die mit der abschliessenden luftigen Ferne kontrastiert. Der Bildinhalt – Bäume, Wälder und Wiesen – entspricht der deutschen Romantik und scheint der Lyrik Joseph von Eichendorffs (1788–1857) entsprungen, die ebensolchen schönen Landschaften huldigt.

Mit der Heimkehr nach Heidelberg gelangt Fries zu seinen besten Arbeiten, in denen sich Naturbeschreibung, technische Freiheit und erarbeitetes Können vereinen. Fries ist ganz Kind seiner Zeit, die gekennzeichnet ist von einem Zwiespalt zwischen der klassisch gebauten, idealisierten Landschaft und einer realistischen Wiedergabe der Erscheinungswelt. Die Freilichtmalerei, der er sich bereits in früher Jugend in Aquarellen schüchtern nähert, gewinnt im späteren Schaffen an Bedeutung. In den deutschen Landschaften manifestiert sich Fries‘ reges Interesse an Naturbeobachtungen, insbesondere an rasch sich wandelnden Lichtverhältnissen. Prägende Wirkung hinterlassen die Errungenschaften der Schule von Barbizon und die Freiheit des englischen Malers Turner, sich auf das Wechselspiel der Stimmungen einzulassen.

Karoliina Elmer

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